Emotionale Granularität: Wie das präzise Erkennen von Gefühlen unsere Leistung und Beziehungen verbessert

Emotionale Granularität:

Wie das präzise Erkennen von Gefühlen unsere Leistung und Beziehungen verbessert

Emotionale Granularität: Wie das präzise Erkennen und Neubewerten von Gefühlen unsere Leistung und Beziehungen verbessert

Stell dir vor, du bist ein Kind und stehst vor einer Matheprüfung. Die Angst vor dem Versagen lastet schwer auf dir, dein Herz pocht und deine Gedanken rasen. In einer Studie wurde eine Gruppe von Kindern genau mit dieser Situation konfrontiert. Doch anstatt die Angst einfach hinzunehmen, wurde ihnen gesagt: „Diese Aufregung, die du fühlst, ist eigentlich gut für dich. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine nützliche Erregung, die dir hilft, dich zu fokussieren.“ Sie lernten, dass ihr Gehirn in solchen Momenten wichtige Botenstoffe ausschüttet, die ihre Konzentration und Leistung steigern.

Eine andere Gruppe hingegen bekam keine solche Anweisung, und ihre Angst blieb unverändert. Das Ergebnis? Die Kinder, die lernten, ihre Angst als positive Erregung umzudeuten, erzielten bessere Leistungen und fühlten sich weniger gestresst. Sie hatten nicht nur ihre Emotionen besser im Griff, sondern konnten auch das volle Potenzial ihrer kognitiven Fähigkeiten ausschöpfen.
[Quellen: Psypost, Frontiers]


Emotionen vs. Gefühle: Was ist der Unterschied?

Bevor wir tiefer in das Thema der emotionalen Granularität eintauchen, ist es wichtig zu verstehen, was Emotionen und Gefühle eigentlich sind und worin der Unterschied besteht.

  • Emotionen sind komplexe psychophysiologische Reaktionen auf Reize und bestehen aus kognitiver Bewertung, physiologischen Reaktionen, Verhalten und subjektivem Erleben. Sie sind oft unbewusst und automatisch.
  • Gefühle sind der bewusste Teil der Emotionen. Wenn du deine Emotionen benennst und reflektierst, verwandeln sie sich in Gefühle.

Zum Beispiel: Wenn du vor einer Prüfung stehst und dein Herz schneller schlägt, empfindest du vielleicht Angst (Emotion), aber du kannst dieses Gefühl bewusst wahrnehmen und benennen, was es zu einem Gefühl macht.


Warum die Sprache für Emotionen so wichtig ist

Emotionen können durch Adjektive wie „ich bin wütend“ oder „ich bin erleichtert“ beschrieben werden, oder durch Verben wie „ich ärgere mich“ oder „ich freue mich“. Die Wahl der Worte beeinflusst, wie wir unsere Emotionen erleben und damit umgehen können. Eine differenzierte Sprache hilft uns, Emotionen klarer zu fassen und zu bewältigen.


Was genau ist emotionale Granularität?

Emotionale Granularität beschreibt die Fähigkeit, Emotionen genau und differenziert zu benennen. Statt allgemein „ich fühle mich schlecht“ zu sagen, kannst du lernen, präziser zu differenzieren: „Bin ich frustriert, enttäuscht oder wütend?“ Diese Differenzierung ermöglicht eine klarere Selbstwahrnehmung und eine verbesserte emotionale Regulation.

Doch emotionale Granularität bezieht sich nicht nur auf das Benennen negativer Emotionen. Auch positive Gefühle wie Freude, Dankbarkeit, Verbundenheit oder Erfüllung können präziser wahrgenommen werden. Indem du nicht einfach nur „glücklich“ bist, sondern genauer benennst, dass du „dankbar“, „inspiriert“ oder „berührt“ bist, erlebst du diese Momente intensiver.


Negative und positive Gefühle differenzieren – warum ist das hilfreich?

Bei negativen Gefühlen:
Wenn du dir in stressigen Momenten klarmachst, dass es nicht einfach nur „Stress“ ist, den du fühlst, sondern vielleicht „Überforderung“ oder „Unsicherheit“, kannst du gezielter reagieren. Das erleichtert es, eine passende Lösung zu finden, wie das Priorisieren von Aufgaben oder das Setzen von Grenzen.

Bei positiven Gefühlen:
Emotionale Granularität spielt aber auch bei den schönen Gefühlen eine große Rolle. Wenn wir nicht einfach nur „glücklich“ sind, sondern genauer hinschauen und sagen können: „Ich fühle mich dankbar, inspiriert oder erfüllt“, verstärkt sich die Wahrnehmung dieser positiven Emotionen. Sie bekommen mehr Tiefe und Bedeutung, was es uns ermöglicht, die guten Momente bewusster zu erleben und zu schätzen.


Emotionale Granularität erlernen: Schritt für Schritt

1. Bewusstwerdung der eigenen Emotionen:
Lerne, deine Emotionen bewusst wahrzunehmen. Frage dich: „Bin ich wirklich wütend oder eher frustriert?“ Dies hilft, die zugrunde liegende Emotion besser zu verstehen.

Beispiel: Statt „Ich bin gestresst“ kannst du sagen: „Ich bin überfordert, weil ich zu viele Aufgaben gleichzeitig erledigen muss.“
 

2. Präzise Sprache verwenden:
Versuche, statt allgemeinen Begriffen wie „gut“ oder „schlecht“ präzisere Begriffe zu verwenden. (Hier können die magischen Worte sehr nützlich sein!)

Beispiel: Wenn du dich nach einem guten Arbeitstag erleichtert fühlst, frage dich: „Bin ich erleichtert, weil ich alles geschafft habe, oder bin ich vielleicht stolz auf meine Arbeit?“
 

3. Gefühle differenzieren:
Nutze emotionale Wortlisten oder Techniken wie die Gummiband-Methode, um unerwünschte Gedanken zu unterbrechen und deine Emotionen klarer zu betrachten. Diese Technik kann helfen, negative Gedankenmuster zu durchbrechen und gezielt in positive Emotionen zu überführen.

Beispiel: Wenn du frustriert bist, frage dich: „Bin ich enttäuscht, genervt oder fühle ich mich missverstanden?“
 

4. Gefühlstagebuch führen:
Schreibe täglich deine Gefühle auf und reflektiere über sie. So lernst du, feine Unterschiede zu erkennen.

Beispiel: Schreibe: „Heute war ich vor dem Meeting nervös, aber es war eher eine positive Aufregung.“

 

5. Mit anderen darüber sprechen:
Teile deine Emotionen mit anderen und tausche dich über ihre Wahrnehmungen aus.

Beispiel: Wenn du mit einem Freund über deine Nervosität sprichst, könntest du lernen, diese als „Vorfreude“ zu betrachten, was dir hilft, positiver damit umzugehen.


Warum die Neubewertung von Emotionen so wichtig ist

Die Bewertung einer Emotion beeinflusst, wie intensiv wir sie erleben. Wenn du deine Emotion als negativ bewertest, verstärkst du sie möglicherweise. Wenn du sie umdeutest, ändert sich die emotionale Erfahrung. Dies hilft dir, konstruktiver mit deinen Gefühlen umzugehen und dich auf das Positive zu fokussieren.

In der erwähnten Studie konnten Schüler durch die Neubewertung ihrer Prüfungsangst ihre Leistung verbessern【Quelle: PsyPost】.

Nimm dir einen Moment Zeit und frage dich: Wie oft benenne ich meine Emotionen wirklich genau? Probiere es aus und beobachte, wie sich deine Wahrnehmung und Reaktionen verändern!


Fazit: Emotionen differenziert benennen – für mehr Balance und Freude im Leben

Emotionale Granularität hilft dir, in schwierigen Situationen die passenden Lösungen zu finden, indem du präzise erkennst, was du wirklich fühlst. Doch sie geht weit über Stressbewältigung hinaus: Sie lässt dich auch die schönen Dinge im Leben intensiver erleben. Indem du nicht nur „Glück“, sondern „Dankbarkeit“, „Verbundenheit“ oder „Erfüllung“ empfindest, spürst du positive Emotionen bewusster und länger.

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Quellen:

  1. Pizzie, R. G., McDermott, C. L., Salem, T. G., & Kraemer, D. J. M. (2021). Neural evidence for cognitive reappraisal as a strategy to alleviate the effects of math anxiety. Frontiers in Psychology. Abrufbar unter: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2021.703658/full
  2. Bericht über Reappraisal-Studie zu Mathematik-Angst. PsyPost. Abrufbar unter: https://www.psypost.org/2021/12/brain-imaging-study-finds-that-teaching-math-anxious-students-to-reframe-their-anxieties-improves-their-performance-62129

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